Reisen heißt für mich auch immer Erfahrungen zu sammeln. Erfahrungen rund um fremde Länder und Kulturen, aber auch Erfahrungen mit Menschen, die meinen Weg kreuzen. Begegnungen und unvergessliche Momente.
Ich erinnere mich zurück an eine ganz spezielle Begegnung vor einigen Jahren in einem Bus nahe Los Angeles, als ich auf dem Weg zum Santa Monica Pier war. Schon an der Haltestelle war mir ein vermutlich obdachloser Mann, Mitte 30, mit seinem Skateboard ins Auge gestochen. Der Bus war gut besetzt und dennoch fand ich einen Platz für meine ca. 1 stündige Fahrt. Daniel, so hieß der Obdachlose, wie er mir später erzählte, nahm direkt neben mir Platz. Schon nach ein paar Sekunden kamen wir ins Gespräch. Trotz seiner Situation fiel mir direkt seine sehr positive Lebenseinstellung auf, hatte es sein Leben doch nicht immer gut mit Ihm gemeint. Er brachte mich zum Lachen und ich fühlte mich in seiner Gegenwart direkt wohl. Auch aber konnte ich die Abneigung und die abfälligen Blicke der anderen Menschen um uns spüren, die unserem Gespräch folgten und uns missbilligend musterten. Daniel erzählte mir von seinem Leben und seinen Schicksalsschlägen, jedoch waren dies nicht die Dinge, die wichtig für Ihn erschienen. Er wusste um seine Situation und dennoch hatte er dieses ganz besondere Feuer in sich, denn er brannte für das „Schreiben“. Er erzählte mir vom „Zeitreisen“ und bei diesem Thema sah ich ein wahnsinniges Leuchten in seinen Augen. Wer mich kennt, der weiß, dass ich absolut kein Fan von Science-Fiction bin, aber es war mir scheiß egal. Ich liebte es seinen Erzählungen zu lauschen und er fesselte mich vom ersten Moment an. Immer wieder versuchte er weitere Mitfahrer in das Gespräch zu involvieren und erntete dafür lediglich ein abwertendes Lächeln. Er hatte eine Vision, einen Traum und dieser war es, irgendwann ein Buch über das Zeitreisen zu publizieren. Die Leute um uns herum lachten, machten sich lustig über Daniel und titulierten Ihn als Idioten, einen Spinner. Es war mir egal, es war Ihm egal. Am Santa Monica Pier stieg ich aus, zusammen mit Daniel. Ich bedankte mich für das schöne Gespräch und auch er bedankte sich, dafür das ich Ihm zugehört hatte und er mir seine Geschichte erzählen durfte. Daniel schwang sich auf sein Skateboard und während er winkend davon fuhr rief er mir zu, dass ich ab und zu einmal einen Blick in die Buchhandlung werfen soll.
Das Gespräch mit Daniel hat mich einige Zeit beschäftigt, nicht nur das Gespräch, sondern auch die Menschen, die ein Teil von diesem Moment waren. Ich war noch nie ein Freund von Vorurteilen und dennoch tat es mir weh zu sehen, wie sehr die Menschen an Ihrem „Schubladen-Denken“ festhalten. Ich selber hatte es nicht immer leicht und war oft ein Opfer von Vorurteilen, vermutlich eine Tatsache die nicht ausbleibt, wenn man in irgendeiner Art und Weise polarisiert. Gott sei Dank habe ich schnell gelernt, dass es mir am Arsch vorbei geht, was irgendwelche Menschen über mich denken, meistens zumindest. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass es Menschen gibt, bei denen dies anders ist und eine kleine Seele schneller kaputt gehen kann, als man denkt.
Die Geschichte mit Daniel jedoch möchte ich gerne noch weiter erzählen. Denn Sie ging weiter. Einige Jahre nach unserem Treffen schlenderte ich mal wieder durch die Buchhandlung und schaute mir die aktuellen Bestseller an. Und genau wie Daniel damals, stach es mir direkt ins Auge, da lag es, ein Buch über Zeitreisen. Ich schnappte mir das Buch und schaute sofort auf den Buchrücken und was ich sah zauberte mir nicht nur ein riesen Lächeln, sondern auch Tränen in die Augen, es war ein Bild. Ein Bild von Daniel mit seinem Skateboard in der Hand, welches den Rücken dieses Buches zierte.
Man kann den Menschen immer nur vor den Kopf schauen und sollte vorsichtig sein mit seinen Gedanken und Äußerungen, denn manchmal ist alles anders als es vielleicht scheint.
Der Beitrag Jedem Tierchen sein Pläsierchen erschien zuerst auf Marydo.